angesprochen
Dienstag, 28.10.2008, 10:28 | Bildung, Sprache | ArminIch kann lesen.
Das ist jetzt vielleicht nicht überraschend, schliesslich kann ich auch schreiben. (Oder ich diktiere arminundivo.ch-Texte jeweils einem Spracherkennungsprogramm…)
Aber jetzt ganz im Ernst, ich kann nicht nur lesen und schreiben, ich tue es manchmal sogar gerne. Das führt unter gewissen Umständen dazu, dass ich ein Buch lese (Bücher schreiben ist da eher weniger häufig…).
Es gibt sehr viele Bücher, die nicht nur eine gute Geschichte erzählen, sondern auch gut geschrieben sind. Solche lese ich lieber, als schlecht geschriebene. Jetzt gibt es da aber auch Andere, nämlich solche, deren Geschichte zwar potential hätte, die aber schrecklich zu lesen sind. Natürlich habe ich beim Griff ins Bücherregal des Tankstellenshops meines Vertrauens ein Buch erwischt, welches ich unter normalen Umständen spätestens nach den ersten 50 Seiten weggeworfen hätte. Aber das Buch hatte das Glück, ungelesen mit mir in die Ferien mitzukommen. Da es alles andere als einfach ist, eine Buchhandlung an einem Festival zu finden (trifft auf Bücherfestivals nicht zu) und ich als Frühaufsteher morgens stets auf das Erwachen meiner Mitreisenden zu warten pflege, kämpfte ich mich also Tag für Tag durch ein paar dieser quälenden buchstabenverstopften Seiten. Um mir eine ähnliche Tortur in Zukunft zu ersparen, wende ich mich jetzt an alle angehenden Autoren.
Bitte unterlasst es, mich in einem Buch ansprechen zu wollen. Floskeln wie «Das kann ich Ihnen sagen.» machen das Buch weder spannender noch das Erlebnis prickelnder, ich glaube dem Erstpersonerzähler auch, dass der Schmerz weh tat, wenn er es mir nicht eidesstattlich versichert.
Zum Thema Erzähler, wenn der Autor sich dafür entscheidet, das Buch so zu gestalten, dass dem Leser von einer fiktiven Person eine Geschichte erzählt wird, («[…]dass ich eine Geschichte würde erzählen müssen[…] Die erstaunliche Geschichte hatte ihren Anfang sechs Monate zuvor[…]») erwarte ich, dass die Geschichte tatsächlich von dieser Person erzählt wird und diese Person uns entweder nur erklärt, was ihr widerfur, oder was sie im Nachhinein herausgefunden hatte.
Was aber die ganze Illusion zur Sau macht, ist wenn mir eine Geschichte erzählt wird und dann plötzlich eine Überblendung an einen Ort geschieht, von dem die erzählende Person zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Kenntnis hatte und die Erzählung von einem Drittpersonerzähler weitergeführt wird.
Einfacher gelöst (und angenehmer zu lesen), wäre gewesen, wenn dieselbe Erzählperson uns dorthin führen würde. («Damals wusste ich noch nicht, dass zur gleichen Zeit…») Am schlimmsten wird es dann, wenn der Drittpersonerzähler uns an einen Ort führt, an dem eine Person einen Dialog führt, mit eben dieser Frau, die uns eigentlich durch die Geschichte führen sollte.
Ganz am Schluss wurde ich noch einmal enttäuscht, als ein Richter in einem Sorgerechtsprozess Rücksicht nahm, auf die schlimmen Dinge die im Rest des Buches passiert waren, während mir ein paar Seiten zuvor gesagt wird, das die Geschehnisse nie aufgeklärt wurden. («[…]all das war längst verschwunden, als die Bundesbehörden dort eintrafen, um nachzusehen.»)
Alles in allem, mag ich das Buch keinem empfehlen.
Es ist nicht unbedingt lesefördernd geschrieben, ob dies an der Übersetzung ins Deutsche liegt, oder ob da schon der Originalautor die Schuld daran hat, kann ich nicht beurteilen.
Wenn jemand das Buch lesen will, oder der CIA meine Ausgabe als Folterlektüre in Guantanamo verwenden möchte, das Buch ist bei mir abholbar.
Es handelt sich übrigens um «Das Ikarus-Gen» von James Patterson.
Armin